1. Wie soll das jemand mitkriegen, der sich für DSA nicht interessiert?
Man kann natürlich NICHT erwarten, daß sich jemand, der für Rollenspieltheoriefragen Interesse hat, auch mit enormem SENDUNGSBEWUSSTSEIN in allen nur erdenklichen Foren herumtreibt und seine "gute Botschaft" überall predigt.
Soviel Zeit und Enthusiasmus kann vermutlich niemand aufbringen.
So gesehen gehören zur "Kommunikationslücke" durchaus BEIDE Seiten in die Verantwortung genommen: die Normalrollenspieler, die nicht über ihren Tellerrand hinausschauen WOLLEN und somit im Tal der Erkenntnislosigkeit das Glück der Unwissenden erfahren, und die Rollenspieltheoretiker, die den Tellerrand, den es zu überwinden gilt, auch noch durch ihren Jargon erhöhen, und die ihren Rückzug in schier nicht auffindbare Elfenbeintürme in den öden Weiten des "weißen Rauschens" des Internets (Blogs genannt) zelebrieren, wo sie NIE ein nicht mit enormem WILLEN zur Suche nach Erkenntnis forschender "Schüler" finden wird, und die durch ihre Arroganz im Auftreten den paar Interessierten, die es mit viel Energie und Findigkeit geschafft haben über den Tellerrand hinauszuschauen und durch die Ödnis auf den einen oder anderen Blog gestoßen sein mögen, gleich erst einmal kräftig in die Eier treten, um ihnen ihre Minderwertigkeit klarzumachen.
Ich kann verstehen, daß sich Theoretiker für so manche Rollenspiele nicht interessieren. Das tun ja schließlich auch NICHT-Theoretiker. - Niemand muß sich für alles interessieren.
Es ist jedoch mein Eindruck, daß tatsächlich Rollenspiele, die einen gewissen Verbreitungsgrad haben, GERNE von Theoretikern als "uninteressant", "gibt mir nichts, mit dem ich mich beschäftigen müßte", "minderwertig", etc. eingestuft werden. - Und das halte ich für einen FEHLER.
Was ist denn die "Materie", die von Rollenspieltheoretikern untersucht wird?
Wenn man diese "Materie" anschaut und dabei entdeckt, daß sie zum größten Teil aus DSA (bzw. im US-Raum D&D) und dann noch aus WoD und vielleicht SR besteht, dann ist es schlichtweg ein FEHLER in der Vorgehensweise bei der Analyse des Themas Rollenspiele diese HAUPTBESTANDTEILE der "Materie" außer Acht zu lassen und sich nur auf die Spurenelemente zu konzentrieren, weil die "spannender" zu sein versprechen.
WIRKLICHES Verständnis bekommt man zu einem Thema, indem man sich des Themas ALS GANZES annimmt und nicht nur einen einzelnen Teil herauspickt. - Und diese Gesamtbetrachtung kollidiert mit mangelndem Interesse an Rollenspielen, die "mainstream" sind, und mit einer - so mein Eindruck - aus Arroganz geborenen "gefühlten" Überlegenheit der kleinen, der "unabhängigen" Rollenspiele, die allein, WEIL sie kommerzielle NIETEN sind, ja schon etwas Besseres sein müssen.
Man kann jedenfalls nicht auf einem One-Trick-Pony-Forum (also einem NUR-DSA- oder NUR-D&D-Forum) hergehen, einen Thread aufmachen mit einer "Einladung" an "die Theoretiker" doch bitteschön mal hier was Nützliches zu präsentieren.
Ich bin mir bewußt, daß es Leuten, die sich in einer Unzahl an MODELLVORSTELLUNGEN verwickelt haben, immer schwerer fällt auf den Boden der Praxis zurückzukommen. Wenn sich einmal Jargon so ins eigene Denken festgesetzt hat, daß eine jargonfreie Kommunikation schlichtweg nicht mehr möglich ist, wenn sich die ganzen IMPLIKATIONEN bei Verwendung von im Jargon UMDEFINIERTEN Begriffen gegenüber dem naiven "Normalverständnis" davon einem "Laien" nicht darstellen, dann steht da eine Mauer im Weg, die durch das Kommunizieren nur und ausschließlich innerhalb der (sich ständig stärker isolierenden) Gruppe der Jargonverwender immer höher wird.
Und jetzt kommen dann durchaus Interessierte aus den Reihen der "Normalrollenspieler". Diese erleben die "Auftritte" der Theoretiker als "abgehoben", "praxisfern", "elitär", "arrogant". Und sie fühlen SICH dadurch HERABGESETZT, weil sie nicht zu dieser Gruppe der ELITÄREN MEISTERROLLENSPIELER gehören. Und weil die Spiele, die sie gerne spielen als "minderwertig" und "für ernsthafte Theoretiker uninteressant" abqualifiziert werden - somit ihre Art Spaß zu haben als primitiv und unwert dargestellt wird.
Da sie aber TROTZDEM neugierig sind, was denn an "Magie" in der Rollenspieltheorie verborgen sein mag, versuchen sie ab und an die Kontaktaufnahme. - Aber sie können nicht mehr völlig unbefangen den Kontakt suchen, da sie ja aus eine gefühlten Position der Herabsetzung eigentlich nur noch bei den "hohen Herren" als BITTSTELLER auftreten können. - Und da man mit auch nur ein wenig Rückgrat, ein wenig Stolz, ein wenig Selbstbewußtsein seinen Rücken NICHT GERNE vor selbsternannten Eliten krümmt, fallen solche Kontaktversuche eben so aus, wie man es oben geschildert hat.
Eher unglücklich und nicht wirklich den Dialog fördernd.
Ebenso die Gegenrichtung. Die paar wenigen (eigentlich FAST KEINE!) des Theoriekaders, die ab und an versuchen für den Normalrollenspieler verständliche Dinge abzufassen, tun dies auf ihren weit entfernten Inseln in der Ödnis. Dort, wo GARANTIERT KEIN Normalrollenspieler mal vorbeischauen wird. - Die Erkenntnisse schreien sie in den Wind der Wüste, wo sie NIEMAND hören kann. - Das ist alles andere als geschickt. Aber es erspart ihnen, sich mit den bei Auftritten in den "Schmuddelforen" der Normalos SICHER kommenden Anfeindungen bezüglich der Arroganz "Der Theoretiker" auseinanderzusetzen. - Durch Blog-Artikel, die eh nur DIESELBE Klientel liest, die auch selbst sich ins Private ihrer eigenen Wohnzimmer-Blogs zurückgezogen hat, erreicht man zwar keinen Normalo, aber man hat das gute Gefühl, daß man ja doch ach so bemüht den Kontakt zur "breiten Masse" sucht. Das ist ein Sich-in-die-Tasche-Lügen dieser Theoretiker.
Fakt: Die Theoretiker werden von den Normalos als arrogante, selbsternannte Elite wahrgenommen.
Fakt: Die Normalrollenspieler sind schnell angepißt, wenn man ihnen ihre Spiele, mit denen sie ihren Spaß haben, schlecht macht.
Fakt: Die Theoretiker finden die Normalrollenspiele uninteressant und nicht einer ihrer Verbreitung entsprechenden theoretischen Beschäftigung würdig.
Fakt: Die Normalrollenspieler BRAUCHEN keine Theorie um Spaß zu haben, und MÜSSEN daher auch keine Härten auf sich nehmen, sie zu suchen.
Fakt: Die Theoretiker BRAUCHEN keine Normalrollenspieler, weil sie mit sich selbst und in ihrer kleinen Elite-Gruppe vollauf glücklich sind.
Fakt: Die Kontaktversuche aus den Reihen INTERESSIERTER Normalrollenspieler sprechen die Theorie-Elite nicht an bzw. erreichen nicht einmal ihrer Aufmerksamkeit.
Fakt: Die "Belehrungsversuche" aus den Reihen der Theoretiker erreichen die Normalrollenspieler nicht, weil sie total ungeeignete Verbreitungswege verwenden.
Die Situation ist ziemlich beschissen: Beide Gruppen BRAUCHEN einander NICHT im Geringsten. - Es sind aus jeder Gruppe NUR DIE MOTIVIERTEN, die einen Kontaktversuch überhaupt unternehmen würden. Und diese Motivierten müssen sich mit den Vorurteilen in der jeweils anderen Gruppe auseinandersetzen, wenn sie den Kontakt aufrechterhalten wollen, statt angepißt abzuziehen. Und das TUT WEH! Und es erfordert NEHMERQUALITÄTEN. Und die haben die Vertreter beider Seiten nicht in ausreichendem Maße.
Klar kann man niemanden zwingen sich die typischen Anfeindungen und Vorurteile gegen Theoretiker oder gegen die "doofen DSA-Monokultur-Spieler" anzuhören und dabei noch einen motivierten, offenen Dialog aufrecht zu erhalten.
Aber ohne daß mal jemand diesen GRABEN überspringt und STARK genug ist, den Gegenwind der anderen Seite auszuhalten, wird es NIE zu einer Verringerung der Animositäten kommen können.