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Autor Thema: Jugendmedienschutz-Staatsvertrag  (Gelesen 892 mal)
ludovico_technique
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« Antworten #15 am: Dezember 01, 2010, 21:30:52 »
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Die Gesetzgebung bzgl. des Internets war in D sowieso schon immer ein Witz.
Es wurden bisher auch schon Seiten vom Jugendschutz abgemahnt, die Impressumspflicht für Hobbyseiten oder die Behandlung von Foreneinträgen waren schon immer ein Witz. Ganz zu schweigen von diversen Abmahnfallen in die man tappen kann.

Konsequenterweise sollte man sowieso kein .de Domain benutzen, .com sind billiger und eine Privacy Registrierung kostet nicht viel. Dann ist der Betreiber nicht mehr zu ermitteln und man hat seine Ruhe. Alternativ reicht auch ein Impressum mit einer Adresse im Ausland, zumindest gegen den Jugendschutz. Schnittberichte.com machen das schon lange so.

Allerdings kann es dann passieren, dass die Bundesregierung von google verlangt die Seite aus dem Index zu löschen.
Passiert erstaunlich oft. Google hat da irgendwo eine Statisik welche Länder wieviel Löschanträge stellen, Deutschland ist da weit vorne. Sucht z.B. mal nach cyberpirates auf google.de und dann auf google.at.

Ich glaube nicht, dass dieses Gesetz so durchkommt, wenn doch, dann lernen die Leute wenigstens gleich, dass man in D keine Hobbydomains betreiben sollte. Also schluß mit der Provinzialität von .de Domains und globalisieren!
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Dirk Remmecke
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« Antworten #16 am: Dezember 02, 2010, 13:05:37 »
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Der Beitrag eines Ghouls wider die Dummheit.

Auf der einen Seite hast du natürlich recht, auf der anderen Seite aber auch nicht.

Ich habe mir gestern den ganzen Tag den Kopf zermartert, wie ich Isotopps Reaktion verstehen sollte. Kris ist für seine Besonnenheit bekannt, und diese (von Sett als "beleidigt" bezeichnete) Aktion passte so gar nicht ihm.

Erst als ich heute gesehen habe, dass unser Oliof/Haarald es Kris gleichgetan hat, sogar mit dem gleichen Wortlaut, ist der Groschen gefallen. (Pfennigweise, sozusagen.)

Es handelt sich mitnichten um beleidigte Reaktionen oder gar Panikmache - es ist eine Form des zivilen Protestes, um auf die Sache aufmerksam zu machen, auf die ganze planlose, lebensweltfremde Idiotie, die in der konkreten Ausformulierung des eigentlich wohlgemeinten Gesetzes steckt.

Wird dies ein Internet-Mem?

(Dass es daneben auch Blogger gibt, die eine Löschung tatsächlich aus vorauseilendem Gehorsam oder Panik in Betracht ziehen, will ich gerne glauben.)
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« Antworten #17 am: Dezember 02, 2010, 14:04:02 »
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Mmm.  Ist ja ein wenig wie wenn Forscher streiken, oder?
Kris und Haaralds Protest in allen Ehren, ich habe aber noch nicht ausbaldowert wen man damit am meisten trifft.
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« Antworten #18 am: Dezember 02, 2010, 14:05:35 »
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Kris hat nachgelegt...quasi tagesaktuell, wie in einem Blog?

http://koehntopp.de/

Zitat
Es gibt viele Gründe, gegen den JMStV zu sein.

Zum Beispiel ist er handwerklich schlecht. Leute, die sich mit solchen Dingen bessen auskennen als ich, haben das direkter formuliert, aber sogar mir erschließt sich das. So vertritt der AK Zensur zum Beispiel die Auffasssung, daß der neue JMStV eine Kennzeichungspflicht für jeden Inhalt im Netz beinhaltet, während etwa Herr Vetter der Ansicht ist, daß das nicht der Fall ist (Sammlung von Auslegungen). Wenn Hauptberufler angesichts desselben Gesetzestextes zu so unterschiedlichen Ansichten kommen, dann ist in erster Linie eines klar: Das Gesetz ist Mist.

Aber das ist es auch unabhängig vom Inhalt schon, denn der Ansatz ist kaputt. Draußen, in der dinglichen Welt, da werden Inhalte für viel Geld und mit viel Aufwand produziert und dann kommerziell genutzt. Damit sich das rentiert müssen die Produzenten ihr Publikum maximieren. Sie haben also ein Interesse darin, ihre Inhalte mit Jugendschutzlabels auszuzeichnen und das Label so niedrig zu bekommen wie gerade noch möglich.

Hier im Netz sieht das von dort wo ich sitze anders aus. Ich produziere meine Inhalte nebenbei, und mein Interesse ist in erster Linie meine Transaktionskosten niedrig zu halten und auf eine Weise zu veröffentliche, die meine rechtlichen Risiken minimiert. Meine Inhalte gar nicht erst auszuzeichnen, oder mit einem Label "Ab 18" zu versehen, was auf dasselbe hinausläuft, ist die einzig sinnvolle Wahl für mich.

Die Masse der Inhalte - der long tail des Netzes - produziert so wie ich. Und das ist der Todesstoß für jedes System, das der Logik des aktuellen Jugendschutzes folgt. Die Logik des Film- und Fernsehjugendschutzes ist auf das Internet nicht übertragbar, auch wenn man beides für eine Form von "Rundfunk" hält - aber während Kino, Fernsehen, Radio und Computerspiele in Packungen bei Mediamarkt möglichst viele Personen erreichen müssen, ist das bei meinem Blog oder bei Spielen auf Kongregate nicht so. Die müssen nur ihrer Zielgruppe gefallen, und der Rest kann ihnen gepflegt egal sein.

Das ist der Grund, warum der bestehende JMStV im Internet niemanden interessiert, und wieso der neue JMStV die Situation nur verschlechtern kann. Man kann sich natürlich auf den Standpunkt stellen, daß Aktionsismus besser ist als nichtstun, aber das ist keine Lösung, sondern auch nur ein Symptom.

Unsere Politik versteht das nicht. Sie kann es nicht verstehen, solange sich der gesellschaftliche und politische Diskurs zum Thema Internet in Deutschland auf "Regulieren, Einschränken, Kontrollieren" beschränkt. Das tut er unter anderem deswegen, weil keine der öffentlichen Personen, die diesen Diskurs in den ganzen Altmedien führen, im Internet lebt. Das Internet ist vielleicht ein Ort, den sie aufsuchen, um dort Geschäfte zu erledigen - auf Amazon oder eBay etwas kaufen, auf Google Maps eine Route planen und dergleichen Dinge.

Aber keine dieser Personen macht etwas im Internet. Sie schaffen und veröffentlichen dort nicht, sie interagieren dort nicht, sie leben dort nicht. Niemand, den wir im Fernsehen oder den Tageszeitungen als Subjekt des gesellschaftlichen Diskurses sehen, hat auch nur einen Wikipedia-Artikel zu verantworten, ein Projekt auf github, eine Galerie auf Flickr oder Deviant, Texte auf fanfic.net oder auch nur ein Blog, das diesen Namen verdient.

Sie sind nicht Teil der kooperativen Kultur des Netzes, die nur dadurch möglich geworden ist, daß die Transaktionskosten im Netz Null sind und es daher möglich wird, die Welt im Netz quasi im Vorübergehen für alle in einen interessanteren oder besseren Ort zu verwandeln.

Für mich ist der JMStV nur ein weiteres Ereignis in einer langen Reihe von vergangenen und zukünftigen Ereignissen, die diese digitale Kluft dokumentiert, und zugleich eines, das zumindest nach einer Auslegung des JMStV die Transaktionskosten für mich auf ein nicht akzeptables Maß erhöht.

Ich habe ihn zum Anlaß genommen, mich aus dem deutschen, zunehmend rückwärts gewandten Teil des Netzes zurück zu ziehen. Ich möchte an dieser angstbasierenden Kultur im Würgegriff von Gesetzen und Verordnungen keinen Anteil mehr haben.
« Letzte Änderung: Dezember 02, 2010, 14:17:58 von Settembrini » Gespeichert

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« Antworten #19 am: Dezember 02, 2010, 14:22:08 »
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Kris hat nachgelegt...quasi tagesaktuell, wie in einem Blog?

Zitat
Ich habe ihn zum Anlaß genommen, mich aus dem deutschen, zunehmend rückwärts gewandten Teil des Netzes zurück zu ziehen. Ich möchte an dieser angstbasierenden Kultur im Würgegriff von Gesetzen und Verordnungen keinen Anteil mehr haben.
Witzig! Er hat das Angst-Thema auch erkannt - und kneift. Fort mit dem Kerl!

@Dirk: Analysieren und diskutieren ist eine Sache. Aber prophezeiungsselbsterfüllend den Weltuntergang veranstalten eine andere.
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Cthulhu erzählt. Ghoul taktiert. Und Crowley beantwortet Leserfragen:
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« Antworten #20 am: Dezember 02, 2010, 22:28:04 »
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Also, ich habe auch schon so manches Leberwurstgehabe im Netz abgezogen, deswegen kommt es mir eben so bekannt vor. Ich könnte vermuten, daß es da auch eine klitzekleine Prise Elitendenken gibt.

Wobei selbst Don Alphonso für aus-Protest-zurücktreten ist, was ich ganz ähnlich finde.
http://blogbar.de/archiv/2010/12/01/das-ausbleibende-bloghelferzurucktreten-beim-jmstv/#comments

Ich habe das Gefühl, Blogs sind beim Gesetzgeber mental garnicht existent, und somit garnicht gemeint. Wir sind wahrscheinlich alle garnicht gemeint, Foren usw., und die sind nur ein bißchen doof. Da hilft ja meist Aufklärung anstatt Gesprächsverweigerung.

EDIT: Wobei ich mir gut vorstellen kann, daß die Offliner-Fraktion einfach die Schnauze voll davon hat, irrelevant zu sein, besser gesagt so behandelt zu werden als sei sie irrelevant. Da "die Politik" einfach kein Einsehen in die geniale Relevanz der privat-Blogs und Foren hat, ist man eben beleidigt.
Die ignorante Sturheit der Deutschen Medienlandschaft trob mich auch zur Kündigung aller Abos.
« Letzte Änderung: Dezember 02, 2010, 22:31:33 von Settembrini » Gespeichert

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« Antworten #21 am: Dezember 03, 2010, 21:22:45 »
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Ist RSP - Blogs als solches eigentlich haftbar? Weil weiterführende Links auf Seiten führen mögen, die dem JMSTV nicht folgen?
Braucht man für RSP - Blogs einen Jugendschutzbeauftragten, weil auch Blogs kommerzieller Natur enthalten sind?
Kann der wohlmöglich als Schutzschild für RSP - Blogs agieren, wenn er im Impressum eines Blogs genannt wird?

Je mehr ich mit dem Thema beschäftige, umso mehr Fragen habe ich.
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« Antworten #22 am: Dezember 04, 2010, 11:54:23 »
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Ich empfinde rsp-blogs.de nicht als Inhalteanbieter. Im ungünstigsten Fall bin ich aber eine Suchmaschine Smiley

Ich habe z.Z. nicht den Eindruck, dass rsp-blogs.de ein kommerzielles Blog listet. Traveller ist rausgeflogen, und alle anderen sind privater Natur.

Ansonsten werde ich rsp-blogs.de im gewohnten Umfang weiterbetreiben. Ich sehe das Risiko der Abmahnung nicht: Rsp-Blogs.de hat keine anklickbaren Werbebanner, keinen Flattr-Button, nix. Gewerblichkeit dürfte also wohl nicht vorliegen. Damit kann mich auch keiner als Konkurrent abmahnen.

Und das die Jugendschutzbehörden ein Problem mit rsp-blogs.de bekommen, dass kann ich mir nicht vorstellen.

Wenn ich heute aber ein neues Blog starten würde, wäre ich vermutlich stark versucht, zu Wordpress.com oder Blogspot zu gehen (und - zulässigerweise - keine Impressumsangaben zu machen) statt einen .de Domainnamen zu wählen.

Meine Riskiofreude mag aber auch daher kommen, dass ich beruflich Rechtsstreitigkeiten für Andere führe. Und mich die Kosten eines Rechtsstreits zwar treffen, aber nicht vernichten würden. (Damit will ich nicht behaupten, mal eben 500.000 € locker machen zu können. Aber das ist die Obergrenze für Seiten mit hohen Benutzerzahlen, hohen Einnahmen und hoher Jugendgefährdung. Die meisten Bußen dürften im unteren Bereich laufen, höchstens 4-stellig werden.)
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« Antworten #23 am: Dezember 04, 2010, 14:27:37 »
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Wenn ich heute aber ein neues Blog starten würde, wäre ich vermutlich stark versucht, zu Wordpress.com oder Blogspot zu gehen (und - zulässigerweise - keine Impressumsangaben zu machen) statt einen .de Domainnamen zu wählen.

Ist das wirklich ausdrücklich zulässig?

Zitat von: Beckmann und Norda
Übrigens besteht die Impressumspflicht unabhängig davon, wo die Website gehostet wird und welche Domainendung sie aufweist. Eine Website, die sich beispielsweise auf einem Server in den U.S.A. befindet und deren Domain keine .de-Endung, sondern eine beliebige andere Domainendung besitzt, unterliegt dennoch den Regelungen des TMG bzw. RStV, wenn sie von einer Person oder Firma mit Sitz in Deutschland betrieben wird oder sich an deutsche Internetnutzer richtet (vgl. auch untenstehenden Abschnitt zur Impressumspflicht im Ausland).
http://www.beckmannundnorda.de/tdgimpressum.html

Zitat von: Wikipedia
Keine Impressumspflicht

Wie sich aus § 55 I Rundfunkstaatsvertrag (RStV) ergibt, trifft einen Anbieter somit nur dann keine Impressumspflicht und er kann seine Webseite völlig anonym ins Internet stellen, wenn sein Angebot ausschließlich persönlichen oder familiären Zwecken dient.

Hierunter zählen insbesondere Inhalte, die passwortgeschützt sind und das Passwort nur an Bekannte und Verwandte weitergegeben wird, Inhalte aus dem engsten persönlichen Lebensbereich, bei denen ein berechtigtes Interesse Dritter an der Identität des Websitebetreibers nicht existiert oder wenn der Erfassung der Webseite durch Suchmaschinen in Metatags oder in einer robots.txt-Datei widersprochen wird und der Inhalt dem persönlichen Bereich entstammt.
http://de.wikipedia.org/wiki/Impressumspflicht#Keine_Impressumspflicht

...was auf Rollenspielblogs eben genau nicht zutrifft:

Zitat von: linksandlaw
Blogs werden in den allerwenigsten Fällen erfasst sein und dürfen daher nicht anonym betrieben werden!
http://www.linksandlaw.info/Impressumspflicht-Notwendige-Angaben.html

Ich sehe Blogbetreiber in einer echten Zwickmühle - wenn sie der Alterskennzeichnung nach dem neuen JMstV ausweichen möchten (vorausgesetzt sie veröffentlichen Material, das eine Einstufung ab 12 erfordern würde; wenn ich den JMStV richtig deute), bleibt ihnen nur, sich auf die Ausnahmeklausel für journalistische Medien berufen (ob das im Streifalle Erfolg hätte, steht noch in den Sternen); dann aber brauchen sie ein ausführliches Impressum.

Zurzeit haben sie wohl eher das Glück, dass es anscheinend kaum Möglichkeiten gibt, den Betreiber eines Blogs ausfindig zu machen, wenn der sich partout nicht zu erkennen geben will. Ich weiß nicht, ob Blogger oder Wordpress Kontaktdaten (über die man dann sowieso weiter ermitteln müsste, denn i.d.R. gibt es nur eine E-Mail-Adresse) herausgibt, wenn nicht schwere rechtliche Geschütze sie dazu auffordern. Wenn berechtigte Ansprüche wegen Urheberschutzverletzungen das schon nicht schaffen, wird ein Verstoß gegen die Impressumspflicht erst recht Achselzucken auslösen.
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« Antworten #24 am: Dezember 04, 2010, 16:11:05 »
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Huch, da bekommt das anonym bloggen ja richtig den Reiz des Verbotenen. Wachtmeister Dimpfelmoser gegen das 21. Jh....
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« Antworten #25 am: Dezember 04, 2010, 16:37:24 »
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Ist das wirklich ausdrücklich zulässig?

Zitat von: Wikipedia
Keine Impressumspflicht

Wie sich aus § 55 I Rundfunkstaatsvertrag (RStV) ergibt, trifft einen Anbieter somit nur dann keine Impressumspflicht und er kann seine Webseite völlig anonym ins Internet stellen, wenn sein Angebot ausschließlich persönlichen oder familiären Zwecken dient.

I meine mich zu erinnern, in einem Kommentar gelesen zu haben, dass es auf die Gewerblichkeit des Angebotes ankommt. Und da man als User von Blogspot und Wordpress.com nicht von etwaigen Werbeeinnahmen profitiert, halte ich den Verzicht auf das Impressum für zulässig. Aber der Hauptwitz dieser Konstruktion ist natürlich der Aufwand, den man demjenigen schafft, der den Autor ermitteln will. Die Ausführungen aus der Wikipedia konstruieren eine Konstellation, bei der die fehlende Gewerblichkeit ohne Zweifel feststeht. Wenn ich hier verbindlichen Rechtsrat erteilen würde (was ich nicht tue, ich lege nur offen aus welchen Erwägungen ich für mich handle und mein Risiko einschätze), wäre ich ähnlich vorsichtig. Denn schon ein Link auf einen Amazonpartnershop kann die Gewerblichkeit in den Raum stellen.


Ich sehe Blogbetreiber in einer echten Zwickmühle - wenn sie der Alterskennzeichnung nach dem neuen JMstV ausweichen möchten (vorausgesetzt sie veröffentlichen Material, das eine Einstufung ab 12 erfordern würde; wenn ich den JMStV richtig deute), bleibt ihnen nur, sich auf die Ausnahmeklausel für journalistische Medien berufen (ob das im Streifalle Erfolg hätte, steht noch in den Sternen); dann aber brauchen sie ein ausführliches Impressum.

Zurzeit haben sie wohl eher das Glück, dass es anscheinend kaum Möglichkeiten gibt, den Betreiber eines Blogs ausfindig zu machen, wenn der sich partout nicht zu erkennen geben will. Ich weiß nicht, ob Blogger oder Wordpress Kontaktdaten (über die man dann sowieso weiter ermitteln müsste, denn i.d.R. gibt es nur eine E-Mail-Adresse) herausgibt, wenn nicht schwere rechtliche Geschütze sie dazu auffordern. Wenn berechtigte Ansprüche wegen Urheberschutzverletzungen das schon nicht schaffen, wird ein Verstoß gegen die Impressumspflicht erst recht Achselzucken auslösen.

Hinzu kommt, dass man dort ja nun nicht gerade einen Perso vorzeigen muss. Die Adresse in den Datenspeichern könnte also völlig fiktiv sein...

Zur meiner - ganz persönlichen - Risikoabwägung gehört, dass ich, wie bereits erwähnt, keinen Raum für eine Abmahnung nach dem UWG sehe. Damit sind kommerzielle Interessen bei Handlungen gegen mich (also z.B. Abmahnanwälte) ziemlich raus. (Urheberrecht bleibt ein Problem, aber unverändert durch den JMStV.) Und dass die Jugendschutzbehörden meine Seiten als verfolgungswürdiges Problem sehen, bezweifle ich so sehr, dass ich darauf ankommen lassen werde.
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« Antworten #26 am: Dezember 04, 2010, 16:45:36 »
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Noch mal zurück. Der Wortlaut des Vertrages:

Zitat
§ 55 - Informationspflichten und Informationsrechte

(1) Anbieter von Telemedien, die nicht ausschließlich persönlichen oder familiären Zwecken dienen, haben folgende Informationen leicht erkennbar, unmittelbar erreichbar und ständig verfügbar zu halten:
1. Namen und Anschrift sowie
2. bei juristischen Personen auch Namen und Anschrift des Vertretungsberechtigten.

Welche Zwecke kann es außer persönlich und familiären noch geben?

- Gewinnerzielung
- Politik/Meinungsbildung
- Vereinsleben/Mitgliederzeitung

mehr fallen mir erstmal nicht ein. Ein Hobbyblog zum Thema Rollenspiel gehört daher für mich eher in die Gruppe "Persönlich". Nehmen wir das Blog unseres Gastgebers... ein ganz typisches Egoblog: "Ich finde...", typisch persönlich.

Aber diese Kategorienbildung ist solange unsicher, bis man höchstrichterliche Entscheidungen darüber hat. Und derartige Rechtssicherheit wird bei uns kaum noch geduldet - bis die Entscheidungen gefallen sind, ist die Norm längst geändert. Insofern verstehe dich dein Bedenken.

Disclaimer: Diese Ansicht ist meine private Risikobewertung für meine Seiten und meine persönlichen Möglichkeiten. Es gilt nicht für die Seite(n) anderer Leute.

EDIT: Wer eine eigene .de Domain nutzt, dessen Adresse ist über eine einfache whois-Abfrage auf der Website der DENIC ermittelbar. Man vergibt sich in diesem Fall durch eine Impressumsangabe nichts.
« Letzte Änderung: Dezember 04, 2010, 16:48:03 von Karsten » Gespeichert

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« Antworten #27 am: Dezember 04, 2010, 16:51:36 »
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Huch, da bekommt das anonym bloggen ja richtig den Reiz des Verbotenen. Wachtmeister Dimpfelmoser gegen das 21. Jh....
Echte Männer trauen sich auch im Jahre 2010 noch unter eigenem Namen zu bloggen...

Es ist echt ziemlich peinlich für uns. Wir lassen uns die für eine lebendige Demokratie so nötige Möglichkeit, ohne Angst frei zu sprechen, so kaputt machen, dass man dafür ins freie Ausland ausweichen muss. Als Rollenspielblogger wohlgemerkt, nicht mal als Vertreter einer politischen Meinung.
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« Antworten #28 am: Dezember 04, 2010, 19:41:14 »
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Das war ja ursprünglich meine Sympathische Interpretation der Kennzeichnungspflicht: bleibt anonym, macht was ihr wollt, aber macht eine Alterseinteilung. Aber so ist es ja leider weder gemeint noch umgesetzt.
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« Antworten #29 am: Dezember 05, 2010, 01:32:57 »
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I meine mich zu erinnern, in einem Kommentar gelesen zu haben, dass es auf die Gewerblichkeit des Angebotes ankommt. Und da man als User von Blogspot und Wordpress.com nicht von etwaigen Werbeeinnahmen profitiert, halte ich den Verzicht auf das Impressum für zulässig.

Dazu nochmal Linksandlaw (Hervorhebung von mir):

Zitat
3. Fallgruppe: Eingeschränkte Impressumspflicht, § 55 I RStV

Gem. § 1 Abs. 4 TMG, § 55 Abs. 1 RStV haben Anbieter von Telemedien, die nicht ausschließlich persönlichen oder familiären Zwecken dienen, Name und Anschrift bzw. bei juristischen Personen auch Namen und Anschrift des Vertretungsberechtigten verfügbar zu halten. Diese Fallgruppe betrifft damit Webmaster, die von den beiden vorangegangen Fallgruppen nicht erfasst werden, also nicht nur rein persönlichen Zwecken dienende Webseiten betreiben, aber auch nicht geschäftsmäßig tätig sind, also auch keine Werbeanzeigen schalten. Damit kann als Fazit festgehalten werden: Die Gesetzesänderung lässt anonyme Webseiten nur in Ausnahmefällen zu. Zumindest Name und Anschrift muss praktisch jeder angeben. Bei den geschäftsmäßigen Angeboten kommt E-Mail-Adresse und Telefonnummer hinzu. Zu den erforderlichen Angaben aber gleich noch im Detail.
http://www.linksandlaw.info/Impressumspflicht-Notwendige-Angaben.html

Und Beckmann und Norda (Hervorhebung von mir):

Zitat
II. Wer ist verpflichtet ?

Die Pflicht zur Anbieterkennzeichnung trifft nach § 6 Satz 1 TDG alle Anbieter "geschäftsmäßiger Teledienste". Der Begriff "Teledienst" ist sehr weit gefasst, so dass im Prinzip jede Internetpräsenz ein Teledienst im Sinne des TDG ist, sofern sie nicht als Mediendienst im Sinne des Mediendienststaatsvertrages (MDStV - Anm.: Die Informationspflichten sind seit seit dem 1.7.2002 in § 10 MDStV geregelt) einzuordnen ist. Bedauerlicherweise hat es der Gesetzgeber versäumt, näher zu definieren, wann ein Teledienst als "geschäftsmäßig" im Sinne von § 6 TDG einzuordnen ist, um auf diese Weise den Anwendungsbereich der Pflicht zur Anbieterkennzeichnung sinnvoll einzugrenzen. Der Gesetzgeber spricht in der Gesetzesbegründung davon, dass jede nachhaltige Tätigkeit mit oder ohne Gewinnerzielungsabsicht als geschäftsmäßig einzuordnen ist. Lediglich private Gelegenheitsgeschäfte sollen vom Anwendungsbereich ausgeschlossen werden. Letztlich ist jede Internetseite auf Dauer angelegt und damit nachhaltig, so dass dieses Kriterium nicht weiterhilft. Richtigerweise sollte man darauf abstellen, ob die Homepage im Zusammenhang mit einer unternehmerischen Tätigkeit im Sinne von § 14 BGB steht und dabei auf den Gesamtcharakter abstellen. Es ist allerdings zu befürchten, dass Teile der Rechtsprechung unter Berufung auf die Gesetzesbegründung lediglich auf die Nachhaltigkeit des Handelns abstellen und sehr schnell ein geschäftsmäßiges Handeln bejahen werden. Erschwert wird die Situation für private Homepagebetreiber zusätzlich durch die in anderem Zusammenhang von Teilen der Rechtsprechung vertretene Ansicht, wonach bereits das Schalten einzelner Werbebanner genügt, um ein Handeln im geschäftlichen Verkehr zu begründen. Diese Ansicht ist sicherlich falsch, hilft dem Betroffenen, der den Gang durch mehrere Instanzen und die damit verbundenen Kosten scheut, im Zweifel aber wenig. Wer daher rechtliche Risiken ausschließen möchte, sollte im Zweifel die Internetpräsenz mit einer ordnungsgemäßen Anbieterkennzeichnung versehen.
http://www.beckmannundnorda.de/tdgimpressum.html

Problematisch ist, dass nicht einmal die Informationsseite des Bundesministeriums für Justiz eine verlässliche Aussage trifft:

Zitat
Der Leitfaden soll Ihnen als Orientierungshilfe dienen, rechtsverbindlich ist er nicht.
http://www.bmj.bund.de/musterimpressum

Zitat
Auch die nachfolgenden Erläuterungen können keinen absoluten Schutz davor bieten, wegen fehlerhafter Angaben rechtmäßig abgemahnt zu werden, denn letztlich beurteilen die Gerichte, ob im Einzelfall eine Rechtsverletzung vorliegt oder nicht.
http://www.bmj.bund.de/enid/dd9253e25f48f5e56e03ce14507d161e,0/Leitfaden_zur_Impressumspflicht/Erstellen_einer_Anbieterkennzeichnung_1hm.html
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