Seiten: [1] 2 3
AntwortenDrucken
Autor Thema: Oger über Interessante Leute  (Gelesen 1213 mal)
Oger
Hero Member
*****
Beiträge: 807


Hat gute Keule und großen Hunger


WWW
« am: Januar 09, 2010, 02:16:10 »
ZitierenZitat

Ich hadere mit diesem Thema schon länger, wollte darüber auch schon mal was bloggen, aber in der Diskussion im Forum halte ich es irgendwie für besser aufbewahrt.

Meine Beobachtung ist folgende:  Uninteressante Spieler können keine Interessanten Charaktere spielen. Ihre Charaktere werden nie etwas anderes sein als ... uninteressant.
 
Mit "Uninteressante Spieler/Charaktere" meine ich: angepasst, uninformiert, uninteressiert, träge, faul, blasiert, ohne eigene Meinung, ohne besondere Zielsetzung,"geschmeidig", langweilig, feige, unkreativ und einfallslos, ohne Ehrgeiz, übervorsichtig, humorlos, eingefahren, passiv; weiteres Erkennungsmerkmal: bauen Teflon - Billies, die dann noch nicht mal entlang ihrer Möglichkeiten ausgefahren werden, auch mit dem ganz deutlichen Wunsch, vom SL durch "eine stimmungsvolle Story" abenteuergepfadet und zwangsbespaßt zu werden. Ein weiteres Merkmal, was ich damit in Verbindung bringe, sind die "Mein Tscharr ist eben so" - Leute, quasi als Überkompensation, sich über den Charakter mit Gewalt irgendwie als interessant darzustellen versuchen. Weil man es selbst, aus sich selbst heraus, nicht authenthisch kann.

Mit Interessante Charaktere/Spieler meine ich: irgendwie außerhalb der normalen Ordnung der Dinge stehende, wagende (aber auch wägende), ambitionierte, interessierte, aktive, kreative, dynamische, mutige, starke, vielschichtige Persönlichkeiten, die sich innerhalb einer Spielwelt eigene Ziele setzen, neben ihren Stärken auch Fehler haben (abseits eines "Edges und Flaws" - Systems), Konsequenzen und Niederlagen ertragen können, und durch eigenes Können, Willenskraft und Glück aufsteigen oder untergehen.

Mir ist durchaus bewusst, das das zwei sehr gegensätzliche Pole sind, und das bei jedem Spieler beide Seiten in dem einen oder anderen Maße vorhanden sind.

Eine andere Sache ist natürlich, das die oben genannten Spieler und Charaktere nur in  - im Sinne des chinesischen Fluches - in interessanten Zeiten entstehen können. Man stelle sich einmal vor, alle Bundeskanzler und Oppostionsführer der Bundesrepublik Deutschland wären Rollenspieler gewesen -  wie sähen die von Adenauer und Schumacher geführten Charaktere im Vergleich zu denen von Merkel und Steinmeier aus? Mich schaudert es bei dem Gedanken, für die letzen beiden leiten zu müssen.
 
Auch das Alter der Spieler und die Spielerfahrung ist ein Faktor. Ich habe manchmal das Gefühl, das, je älter und spielerfahrener manche Leute werden, sie immer uninteressanter werden, während es mir mit jungen und neuen Spielern im Schnitt mehr Spaß macht, zu leiten.

Die Fragen, die ich zu klären suche, sind folgende:

a) Habe ich recht? Oder irre ich mich?
b) Wenn ich recht habe und ihr eine ähnliche Beobachtung gemacht habt: Wie geht Ihr mit uninteressanten Spielern um? Oder hat mich das, im Interesse der Ergebnisoffenheit und der Spielerfreiheit, nicht zu jucken?
Gespeichert

Zornhau
Sr. Member
****
Beiträge: 279



« Antworten #1 am: Januar 09, 2010, 04:06:08 »
ZitierenZitat

Uninteressante Spieler können keine Interessanten Charaktere spielen.
Kann ich nachvollziehen.

Auch das Alter der Spieler und die Spielerfahrung ist ein Faktor. Ich habe manchmal das Gefühl, das, je älter und spielerfahrener manche Leute werden, sie immer uninteressanter werden, während es mir mit jungen und neuen Spielern im Schnitt mehr Spaß macht, zu leiten.
Das überhaupt NICHT. - Spielerfahrenere Spieler haben alle ihre grottenlangweiligen Ubermunchkin-Charakter-Qualzüchtungen bereits mit 15 Jahren in komplett versandeten Runden an den Tisch gebracht und haben mit der Zeit tatsächlich INTERESSANTE Charaktere - unter anderem auch, weil sie mit der Zeit erst selbst zu interessanten Persönlichkeiten herangewachsen sind.

Junge Spieler (in Vereinsrunden kenne ich das - auch von Con-Runden her) erschaffen fast durchweg (fast - wenige Ausnahmen gibt es tatsächlich) ausgesprochen ÖDE und UNINTERESSANTE Charaktere direkt "abgemalt" von Mangas, aus Animes oder ähnlichen inspirationsarmen Quellen. - Heutzutage KENNT kaum jemand mehr wirklich KRAFTVOLLE Fantasyliteratur, sondern nur noch die ausgewalzten Herr-der-Ringe-Computergraphik-Langweiler. - Wie man einen PACKENDEN Charakter zeichnet, daß KÖNNEN diejenigen nicht (bzw. noch nicht - bzw. vermutlich NIEMALS) wissen, weil sie kaum noch was qualitativ wertiges LESEN.

Für auch nur EINE von Wagners "Kane"-Geschichten kann man regalmeterweise aktuelle Fantasy-Bestseller zu Makulatur verarbeiten, da sie Inspirationsquellen nur noch im PPB-Bereich enthalten.

Wenn nichts reinkommt in die Köpfe, dann kommt eben auch nichts außer dem langen schwarzen Ledermantel und den Doppel-Katanas bei heraus. - ÖDNIS pur bei unerfahrenen Spielern.

Damit lebt man dann. Und nach ein wenig Erfahrung ALS SPIELER und nach Gelegenheiten sich an den ERFAHRENEREN Spielern und deren KREATIVITÄT zu reiben, kommen dann auch die jungen in Fahrt. - Und dann sind sie eben so langsam auch: ERFAHREN.

a) Habe ich recht?
Nur zum Teil. - Das mit den jungen Spielern ist voll daneben. Das kann ich überhaupt nicht nachvollziehen. Da liegen MEINE Erfahrungen sowas von total anders.

Oder irre ich mich?
Nein, bzw. nur zum Teil.

Die Kernaussage, daß uninteressante Leute uninteressante Charaktere erschaffen, stimmt. - Nur stimmt es eben nicht, daß die Jugend ach so interessant ist. Das ist die simsende Sprachunfähigkeitsjugend, die nicht mehr liest, sondern nur noch glotzt. - DAS ist das Nachwuchsspielerpotential für die Armee der reinen "Bespaßungsspieler", die NULL Engagement in ihre eigenen Charaktere und ihre Spielrunde stecken.

b) Wenn ich recht habe und ihr eine ähnliche Beobachtung gemacht habt: Wie geht Ihr mit uninteressanten Spielern um?
Ich spiele NICHT mit Leuten ohne Profil. Wer mich von der Person her nicht interessiert, der macht mir KEINEN SPASS. - Wen ich zu mir nach Hause einlade, daß er mit mir spielen möge, von dem muß ich einen positiven Eindruck haben. Immerhin spiele ich NUR des Spaßes wegen. Wenn ich mir schon keinen Spaß, sondern nur Ödnis verspreche, dann spiele ich nicht mit den Betreffenden.

Auf Con-Runden kann man das nicht vorher wissen. - Nachher kann man aber durchaus den Entschluß treffen, nicht mehr mit diesen Personen irgendwas zu spielen. - Manchmal auch WÄHREND der Runde, was zwar unangenehme Konfrontation außerhalb des Spielgeschehens darstellt, aber manchmal notwendig ist.

Oder hat mich das, im Interesse der Ergebnisoffenheit und der Spielerfreiheit, nicht zu jucken?
Ob es DEINEN Werten entspricht, weiß ich nicht. - Aber mir geht Ergebnisoffenheit und Spielerfreiheit als Wert am Arsch vorbei. - ICH spiele um der UNTERHALTUNG willen. Das ist der einzige Wert, der für mich überhaupt beim Rollenspielhobby zählt. Und ich trage dazu meinen Teil mit Engagement und Herzblut bei.

Es gibt nur EINE Regel: Jeder spielt AKTIV mit, keiner drückt sich. Wer mich langweilt, der bekommt von mir persönlich gezeigt, wo die Tür ist. Ich erwarte einfach POWERGAMING von meinen Mitspielern und spiele selbst natürlich auch so, wenn ich Spieler bin.

Mir ist auf meine alten Tage einfach die Zeit zu schade nur passive "Unterhaltungskonsumenten" zu bespaßen oder als zur Untätigkeit verdammter Zuhörer eines "Erzählers" nur Sesselwärmer spielen zu dürfen.

Meine Spielzeit will ich AKTIV gestalten können - egal auf welcher Seite des Schirms. - Wer da nicht mitzieht, der mindert die Unterhaltungsqualtität und damit das, weshalb ich mir überhaupt die Zeit für das Spielen nehme.
Gespeichert
Archoangel
Hero Member
*****
Beiträge: 1079



« Antworten #2 am: Januar 09, 2010, 10:19:36 »
ZitierenZitat

Zitat
Unsere Jugend ist heruntergekommen und zuchtlos. Die jungen Leute hören nicht mehr auf ihre Eltern. Das Ende der Welt ist nahe.

Summerische Keilschrift ca. 2000 v. Chr.

Zitat
Die Jugend von heute liebt den Luxus, hat schlechte Manieren und verachtet die Autorität. Sie widersprechen ihren Eltern, legen die Beine übereinander und tyrannisieren ihre Lehrer.

Sokrates

Zitat
Ich habe überhaupt keine Hoffnung mehr in die Zukunft unseres Landes, wenn einmal unsere Jugend die Männer von morgen stellt. Unsere Jugend ist unerträglich, unverantwortlich und entsetzlich anzusehen.

Aristoteles

Zitat
»Die Welt macht schlimme Zeiten durch. Die jungen Leute von heute denken an nichts anderes als an sich selbst. Sie haben keine Ehrfurcht vor ihren Eltern oder dem Alter. Sie sind ungeduldig und unbeherrscht. Sie reden so, als wüßten sie alles, und was wir für weise halten, empfinden sie als Torheit. Und was die Mädchen betrifft, sie sind unbescheiden und unweiblich in ihrer Ausdrucksweise, ihrem Benehmen und ihrer Kleidung.«

1274, Mönch Peter

« Letzte Änderung: Januar 09, 2010, 15:41:32 von Archoangel » Gespeichert

4E Archoangel - love me, or leave me!

Offizieller Supporter
serafin
Gast
« Antworten #3 am: Januar 09, 2010, 10:31:55 »
ZitierenZitat

Vielleicht ergibt sich aber auch nur ein stimmendes Bild, wenn das über lange Zeit immer wieder intelligenten Leuten aufgefallen ist.  Grin  Lach
Gespeichert
Gaukelmeister
Gast
« Antworten #4 am: Januar 09, 2010, 10:49:35 »
ZitierenZitat

a) Habe ich recht? Oder irre ich mich?
b) Wenn ich recht habe und ihr eine ähnliche Beobachtung gemacht habt: Wie geht Ihr mit uninteressanten Spielern um? Oder hat mich das, im Interesse der Ergebnisoffenheit und der Spielerfreiheit, nicht zu jucken?

Recht hast du mit der Beobachtung, dass uninteressante Spieler in der Regel auch uninteressantes Spiel zeitigen - angefangen mit einem uninteressanten Charakter. Ich teile allerdings Zornhaus Skepsis gegenüber der Vermutung, dass junge Spieler da irgendwie besser wegkommen als alte Spieler. (Allerdings habe ich beobachtet, dass interessante Typen, die zum ersten Mal beim Rollenspiel mitmachen, häufig einen frischen Wind reinbringen, weil die noch nicht in festgefahrenen Kategorien denken.) - Allerdings halte ich es für wenig bemerkenswert, dass Leute, die irgendwie lahm drauf sind, ihre Lahmheit auch ins Spiel hineintragen. Was wundert dich daran?

Zum zweiten Punkt: Ich bin kein harter Hund, der Mitspielern rasch den Laufpass gibt, wenn sie zum Spielspaß nicht adequat beitragen. Je nach Gruppenkonstellation kann man ein oder zwei davon durchziehen - was ich auch aus sozialen Gründen durchaus schon gemacht habe. Aber inwiefern hat das was mit Spielerfreiheit und Ergebnisoffenheit zu tun? Du glaubst doch nicht wirklich, dass du diese Leute irgendwie dazu zwingen kannst, inspiriert am Spiel teilzunehmen, oder?

@ Archoangel
Platon oder Sokrates (bzw. der eine durch den anderen)?
Gespeichert
r0tzl0effel
Hero Member
*****
Beiträge: 559



« Antworten #5 am: Januar 09, 2010, 11:36:44 »
ZitierenZitat

Als Spieler bemerke ich, dass ich mit meiner vorsichtigen und abwägenden Art selten auf das Holzhammervorgehen komme, das manchem SL vorschwebt.
Ich bin es von mir als SL nicht gewohnt, dass jede Idee Aussicht auf Erfolg hat und will den optimalen Plan, bevor ich auf geheime Mission gehe.
Kann sein, dass das langweilig ist. Aber das Leben ist mein Vorbild, und da geht einfach nicht alles.
Blablabla. Wink
« Letzte Änderung: Januar 09, 2010, 11:45:23 von r0tzl0effel » Gespeichert
Oger
Hero Member
*****
Beiträge: 807


Hat gute Keule und großen Hunger


WWW
« Antworten #6 am: Januar 09, 2010, 13:25:01 »
ZitierenZitat

Allerdings habe ich beobachtet, dass interessante Typen, die zum ersten Mal beim Rollenspiel mitmachen, häufig einen frischen Wind reinbringen, weil die noch nicht in festgefahrenen Kategorien denken.
[/quote]

Ja, diese Beobachtung teile ich.

Du glaubst doch nicht wirklich, dass du diese Leute irgendwie dazu zwingen kannst, inspiriert am Spiel teilzunehmen, oder?

Eine Zeitlang glaubte ich, das dadurch, das ich selber versuche, diese Spieler zu inspirieren, "der Motor schon irgendwann anspringen würde." Das Gegenteil war der Fall:  Es wurde noch schlimmer.

Jaja ... die junge Lait!

Das schlimme ist ja, das ich bei der Generation nach mir (die ich jetzt im praktischen Berufsleben auszubilden habe) eher das Gegenteil sehe: Angepasstheit und Geschmeidigkeit als verbindendes Charaktermerkmal.

Das überhaupt NICHT. - Spielerfahrenere Spieler haben alle ihre grottenlangweiligen Ubermunchkin-Charakter-Qualzüchtungen bereits mit 15 Jahren in komplett versandeten Runden an den Tisch gebracht und haben mit der Zeit tatsächlich INTERESSANTE Charaktere - unter anderem auch, weil sie mit der Zeit erst selbst zu interessanten Persönlichkeiten herangewachsen sind.

Junge Spieler (in Vereinsrunden kenne ich das - auch von Con-Runden her) erschaffen fast durchweg (fast - wenige Ausnahmen gibt es tatsächlich) ausgesprochen ÖDE und UNINTERESSANTE Charaktere direkt "abgemalt" von Mangas, aus Animes oder ähnlichen inspirationsarmen Quellen. - Heutzutage KENNT kaum jemand mehr wirklich KRAFTVOLLE Fantasyliteratur, sondern nur noch die ausgewalzten Herr-der-Ringe-Computergraphik-Langweiler. - Wie man einen PACKENDEN Charakter zeichnet, daß KÖNNEN diejenigen nicht (bzw. noch nicht - bzw. vermutlich NIEMALS) wissen, weil sie kaum noch was qualitativ wertiges LESEN.

Für auch nur EINE von Wagners "Kane"-Geschichten kann man regalmeterweise aktuelle Fantasy-Bestseller zu Makulatur verarbeiten, da sie Inspirationsquellen nur noch im PPB-Bereich enthalten.

Wenn nichts reinkommt in die Köpfe, dann kommt eben auch nichts außer dem langen schwarzen Ledermantel und den Doppel-Katanas bei heraus. - ÖDNIS pur bei unerfahrenen Spielern.

....

Die Kernaussage, daß uninteressante Leute uninteressante Charaktere erschaffen, stimmt. - Nur stimmt es eben nicht, daß die Jugend ach so interessant ist. Das ist die simsende Sprachunfähigkeitsjugend, die nicht mehr liest, sondern nur noch glotzt. - DAS ist das Nachwuchsspielerpotential für die Armee der reinen "Bespaßungsspieler", die NULL Engagement in ihre eigenen Charaktere und ihre Spielrunde stecken.


Gut, meine Behauptung ist also widerlegt, das erleichtert mich ein wenig.

_________________________________________________________________________________________________________________

Zum Thema Fantasy - Literatur:

Neulich bei meinem Rollenspielfachhändler, der auch Bücher & Comics führt:

Azubi: "Kann ich Ihnen irgendwie helfen?"
Oger: "Ja, ich suche was von Fritz Leiber. Oder Jack Vance."
Azubi: "Fritz WER?"
Oger: "Fritz L-E-I-B-E-R. Hmm. Würd ich jetzt aber erwarten, das es das hier gibt. Danke, ich schau mich selbst um."
_________________________________________________________________________________________________________________


Es gibt nur EINE Regel: Jeder spielt AKTIV mit, keiner drückt sich. Wer mich langweilt, der bekommt von mir persönlich gezeigt, wo die Tür ist. Ich erwarte einfach POWERGAMING von meinen Mitspielern und spiele selbst natürlich auch so, wenn ich Spieler bin.

Mir ist auf meine alten Tage einfach die Zeit zu schade nur passive "Unterhaltungskonsumenten" zu bespaßen oder als zur Untätigkeit verdammter Zuhörer eines "Erzählers" nur Sesselwärmer spielen zu dürfen.

Meine Spielzeit will ich AKTIV gestalten können - egal auf welcher Seite des Schirms. - Wer da nicht mitzieht, der mindert die Unterhaltungsqualtität und damit das, weshalb ich mir überhaupt die Zeit für das Spielen nehme.

Ich fange allmählich an, das genauso zu sehen.
Gespeichert

serafin
Gast
« Antworten #7 am: Januar 09, 2010, 14:14:40 »
ZitierenZitat

Ehrlich gesagt, ist das was Zornhau unter POWERGAMING versteht für mich gleichbedeutend mit ernsthafter Auseinandersetzung mit dem Hobby. Oder auch: Rollenspiel wirklich als ernsthaftes Hobby betreiben, nicht nur ein weiteres Unterhaltungsprojekt von vielen. Leute, die das Hobby nicht ernsthaft angehen gibt es letztenendes überall, egal ob im Schützenverein (da kommen dann die Jungs alle drei Monate mal um ein bisschen zu ballern und sich aufzuspielen), ob beim Klettern (das sind dann diese Freizeitbergsteiger, die nur richtig Dampf machen, wenn in der Kletterhalle mal wieder ne scharfe Schnecke rumturnt) oder auch sonst in jedem Hobby.
Es gibt überall die ernsthaften Hobbyisten, die mit Herz und Seele dabei sind, und dann gibt es noch die anderen. Und ich muss ganz ehrlich sagen, ich merke an mir selbst auch mehr und mehr, dass mich diese "anderen" jedes mal ein wenig mehr aufregen.
Ich verstehe unter ernsthaftem Hobby im übrigen nicht "Wir treffen uns Donnerstag abend um 18.00 Uhr und machen durch bis morgens 6.00!" Das ist genauso sinnhaft wie die Mitglieder des Schütenvereins, die vor dem Wettkampf erstmal noch drei Runden Kurze kippen... Gehört hier zwar nicht hin, wollte ich aber trotzdem noch anmerken.
Gespeichert
Haarald
Hero Member
*****
Beiträge: 3039


„You Guys Think Too Much.” - Robin D. Laws


WWW
« Antworten #8 am: Januar 09, 2010, 14:30:29 »
ZitierenZitat

Vor dem Rollenspiel nochmal drei Kurze kippen wäre aber drin?
Gespeichert

What you get when you play the system is the setting. —Brad Murray
Archoangel
Hero Member
*****
Beiträge: 1079



« Antworten #9 am: Januar 09, 2010, 15:42:20 »
ZitierenZitat

@ Archoangel
Platon oder Sokrates (bzw. der eine durch den anderen)?

Auflösung eingefügt.
Gespeichert

4E Archoangel - love me, or leave me!

Offizieller Supporter
Archoangel
Hero Member
*****
Beiträge: 1079



« Antworten #10 am: Januar 09, 2010, 16:05:44 »
ZitierenZitat

Generell:

Das man Charakter haben muss, um welchen darstellen zu können, möchte ich i.d.R. nicht bestreiten. Nur hatte ich bisher den Eindruck, dass "langweilige" Menschen eher nicht in unserem Hobby zu finden sind ... zumindest nicht besonders lange.

Von daher würde ich nicht von uninteressanten, sondern von uninteressierten Spielern reden. Eben solche, welche bei der Samstagabendgestaltung und den Aussichten auf Rollenspiel, Kino, oder Kneipe, wenigstens genauso oft auf "Kino", bzw. "Kneipe" (oder wasauchimmer) kommen, wie auf RPG. Wenn Rollenspiele eben die "ja, können wir auch mal wieder machen" Alternative ist, ein Hobby unter vielen darstellt, oder generell als "besser als zu Hause rumhängen" angesehen wird, kann man wohl von den entsprechenden Leuten auch nicht allzu viel Enthusiasmus erwarten (oder der SL ist extrem schlecht Wink ).

Generelle Ermüdungserscheinungen treten natürlich auch auf - ich bin mir recht sicher, dass jedem der hier Post (und der wenigstens 30 Jahre alt ist) dutzende Leute einfallen werden, die im Laufe der vergangenen Jahre (Jahrzehnte) das Hobby an den Nagel gehängt hat, oder nur noch dreimal im Jahr in der Altherrenrunde spielt (und dabei Unmengen von Zeit verbraucht über die gute alte selbige zu schwadronieren, Anekdoten auszutauschen und Alkohol zu konsumieren).

Aber auch so lässt der Enthusiasmus bei vielen Altspielern im Laufe der Zeit nach ; man hat schon alles gespielt, fühlt sich generell gelangweilt und gibt sich mehr die Mühe - ganz im (falschen) Bewusstsein, man sei ja bereits die Creme-de-la-Creme des Hobbys. Hier hilft oftmals eine temporäre Abstinenz (wer danach nicht zurückkehrt, für den ist es vermutlich auch besser so), eine neue Idee (tut mir Leid liebe Forger, aber seit VtM ist mMn nichts wirklich Neues mehr da gewesen, weshalb neue Idee hier nur bedeuten kann, dass Gruppen, die Battletech erst jetzt und nicht in den 80ern entdecken ihren Enthusiasmus wiederentdecken können), oder natürlich eben eine neue Gruppe.

Viel Ermüdung kommt ja auch dadurch zu Stande, dass man als SL seine Spieler in und auswendig kennt, bzw. als Spielerin ihre SL.

Auch das "back-to-the-roots" Phänomen passt eindeutig hierzu; man versucht über die alten Spiele wieder das Feeling der alten Tage zu erneuern. Klappt nur leider nicht.

Ergo: die Leute werden über das Alter nicht "langweiliger", sondern berechenbarer, nicht "uninteressanter", sondern "gelangweilter", nicht "farbloser", sondern "schwieriger zu motivieren". Und die jungen Leute sind vor allem: jung. Und eben anders. Und man selbst wird ja auch älter, verschrobener und ist - schneller als man denkt - eben nicht mehr up-to-date.

Ist eben wie mit der Wahrnehmung von Zeit: Zeit wird als lang und gedehnt wahrgenommen, wenn du stetig neue Erfahrungen machst, bzw. als kurz und schnell, wenn dein Leben an Routine und Alltag gewinnt. Deshalb glaubt man ja auch, dass das Leben um so schneller vergeht, je älter man wird - die neuen Erfahrungen fehlen einfach.

Bei Rollos mag dieser Prozess etwas langsamer bedeutsam werden, aber er kommt eben dennoch. Unser Hobby hat eben das Problem, je mehr "Erfahrung" man sammelt, um so schneller erfolgt eine gewisse Ermüdung. Wir werden niemals mehr das "Gefühl" unseres ersten Jahres Rollenspiel nachempfinden können (es sei denn wir kriegen Alzheimer Wink ).

Wenn du, lieber Oger, also obige Probleme wahrnimmst, ist es wohl an der Zeit etwas zu verändern: dich selbst, deine Gruppe, oder wasauchimmer. Nur wirklich neu sollte es sein (wenn das geht), denn nur dann wirst du/deine Gruppe wieder "den alten" Enthusiasmus verspüren.

Just my 500€. (wegen 10 cent poste ich hier bestimmt nicht Wink ).
Gespeichert

4E Archoangel - love me, or leave me!

Offizieller Supporter
Athair
Full Member
***
Beiträge: 185



« Antworten #11 am: Januar 09, 2010, 16:15:46 »
ZitierenZitat

Meine Beobachtung ist folgende:  Uninteressante Spieler können keine Interessanten Charaktere spielen. Ihre Charaktere werden nie etwas anderes sein als ... uninteressant.
Das ist mir auch aufgefallen.
 
Auch das Alter der Spieler und die Spielerfahrung ist ein Faktor. Ich habe manchmal das Gefühl, das, je älter und spielerfahrener manche Leute werden, sie immer uninteressanter werden, während es mir mit jungen und neuen Spielern im Schnitt mehr Spaß macht, zu leiten.
Spielerfahrenere Spieler haben alle ihre grottenlangweiligen Ubermunchkin-Charakter-Qualzüchtungen bereits mit 15 Jahren in komplett versandeten Runden an den Tisch gebracht und haben mit der Zeit tatsächlich INTERESSANTE Charaktere - unter anderem auch, weil sie mit der Zeit erst selbst zu interessanten Persönlichkeiten herangewachsen sind. [...] Junge Spieler (in Vereinsrunden kenne ich das - auch von Con-Runden her) erschaffen fast durchweg (fast - wenige Ausnahmen gibt es tatsächlich) ausgesprochen ÖDE und UNINTERESSANTE Charaktere direkt "abgemalt" von Mangas, aus Animes oder ähnlichen inspirationsarmen Quellen. - Heutzutage KENNT kaum jemand mehr wirklich KRAFTVOLLE Fantasyliteratur [...]
Beides Aussagen, die sich mit meinen Erfahrungen decken.
Und nun versuche ich den Widerspruch in den Aussagen aufzulösen: Alter und Spielerfahrung spielen eine Rolle. Allerdings eine, die von der Sozialisation abhängig ist.

Mit Veteranen zu Spielen macht Spaß, wenn sie soweit sind, dass sie wissen, was sie wollen. Wenn sie wissen warum sie spielen und was ihre Vorlieben sind. Kurz: Wenn sie Spieler sind, die wissen, dass ohne ihre Mitarbeit nichts bzw. deutlich weniger geht. Mit langjährigen Monokultur-Spielern (die üblichen Verdächtigen: DSA, Vampire, Shadowrun), bei denen über Jahre Rollenspiel nach einem liebgewonnenen Schema F ablief tue ich mir schwer. Auch, weil ich keine Lust habe gegen die Wiederholung des immer gleichen und eine spezifische Spielerparanoia ankämpfen zu müssen. (Das scheint mir nicht NUR ein Problem bei Monokulturisten zu sein, nur springt es da penetranter ins Auge.)

Bei jungen Spielern bin ich vorsichtig geworden, wenn ich weiß, dass sie mit diversen Computer-RSP aufgewachsen sind und/oder aktuellen Fantasy-/Vampirromanen. Auch hier wird die Wiederholung des immer gleichen indoktriniert. Gute Erfahrungen habe ich gemacht mit jungen Spielern, die sich für Abenteuerromane (J.London, R.L.Stevenson, J.Verne, T.Dragt), Mythologie, Theater oder Brettspiele begeistern können. (Mit Manga/Anime-Enthusiasten bin ich noch nicht konfrotiert worden.)





Wie geht Ihr mit uninteressanten Spielern um? Oder hat mich das, im Interesse der Ergebnisoffenheit und der Spielerfreiheit, nicht zu jucken?
Ob es dich was angeht musst du selbst wissen. Gegen uninteressante Spieler/Charaktere helfen Zufallstabellen bei der Charaktererschaffung. Besonders in den Bereichen: Herkunft des SC (Familie, Verortung, soziales Umfeld/Freunde), besondere Merkmale (blöde Angewohnheiten, körperliche Male), besondere Besitztümer (Haustiere, Erbstücke, Kleidung) und in bei besonders schwierigen Spielern Tabellen zu Verhaltensweisen und SC-Motivation.
Im Klartext: Ich nehme den Spielern die Möglichkeit einen Teflon-Billy zu erschaffen. Die Charaktere sind gleich zu Beginn angreifbar.
Gespeichert

... Antworten auf die falsche Frage sind sinnlos ...
Zornhau
Sr. Member
****
Beiträge: 279



« Antworten #12 am: Januar 09, 2010, 18:30:38 »
ZitierenZitat

Der Punkt mit den Monokultur-Spielern ist interessant.

Diese sind bei mir eigentlich überhaupt nicht "auf dem Schirm". - Ich habe Rollenspiele gleich mit unterschiedlichen Regelsystemen und Genres parallel kennengelernt, und für mich ist die FÜLLE unterschiedlicher Spiele einfach ein wesentlicher Bestandteil des Hobbys, der es auch nach 30 Jahren nicht langweilig werden läßt. - Man kann nicht ALLES spielen, was es "da draußen" so an Rollenspielen gibt - aber man kann IMMER WIEDER etwas Neues für sich entdecken. Das bleibt somit spannend.

Daß man nur genau EIN Rollenspiel über Jahre oder gar Jahrzehnte spielt - und (schlimmer noch) von anderen Spielen NICHTS wissen will - ist mir fremd. - Und solche Leute kenne ich höchstens als "Statisten" auf Cons, nicht in den Runden, in denen ich mitspiele, oder die ich leite.

Vielleicht liegt es auch daran, daß sowohl unsere Uni-Runden damals (wie heute!), als auch die Vereinsspielrunden einfach mehr MISCHUNG an angebotenen Rollenspielen, Altersgruppen, Spielstilen, usw. bieten. - Monokultur ist nichts, was ich in meinem Umfeld kenne.



Zur Interessiertheit:
Ich ERWARTE interessierte Mitspieler - und nur für diese bin ich auch bereit mich selbst voll einzubringen. - Uninteressierte Mitspieler machen aus einer Spielrunde einfach nur eine Menge verschwendeter Zeit. Und das ist ein Luxus, den ich mir nicht leisten mag.

In Con-Runden begegnen mir bisweilen solche "Minderinteressierten". - Hier gibt es aber immer noch die Chance, diese Leute aus der Reserve zu locken, sie so anzuspielen, daß sie sich mehr einbringen, daß man ihr Interesse wecken kann. - Und das ist es m.E. auch WERT.

Uninteressante Leute gibt es. ABER: Ob jemand WIRKLICH "uninteressant" ist, oder ob nur der erste Eindruck ihn als uninteressant erscheinen läßt, das zeigt sich oft erst, wenn man mal mit ihm gespielt hat, bzw. wenn man DAS RICHTIGE Spiel mit ihm gespielt hat.

Ich habe die Erfahrung gemacht, daß Leute, die auf den ersten Blick eher langweilig wirken, im Spiel ausgesprochen überraschend AKTIV, FINDIG und BEGEISTERND sein können. - Daher ist es natürlich wirklich schwierig Leute nach dem ersten Eindruck als "uninteressant" abzustempeln.

Natürlich gibt es auch genug, bei denen der erste Eindruck und das spätere Spielverhalten völlig übereinstimmt. Im schlimmsten Falle sind das dann Leute, mit denen ich nicht spielen möchte, und bei denen ich das auch schon beim ersten Auftreten geahnt habe. - Diese rechtzeitig zu erkennen, braucht es Menschenkenntnis. Ein Feld, in dem ich auch ständig dazulernen kann.

Ich habe auch "Alt-Spieler" erlebt, die ich gut kannte, und deren Verhaltensweisen ich glaubte sicher abschätzen zu können. Und dann haben wir gespielt, und sogar mit vorgenerierten Charakteren gespielt, die ich als Spielleiter eher generell (d.h. für Con-Einsätze) vorbereitet hatte, und da war in dem Charakter dieses Alt-Spielers etwas drin, was er früher NOCH NIE an Herausforderung in seine eigenerstellten Charaktere eingebaut hatte. - Auf jedenfall lief der Spieler zu einer völlig überraschenden Hochform, einer Findigkeit in Bereichen auf, die ich ihm nie zugetraut hätte.

Manchmal muß man - egal ob alten oder jungen Spielern - einfach NEUE HERAUSFORDERUNGEN stellen, um neue Seiten an seinen Spielern entdecken - ja geradezu freilegen zu können.

Dabei hilft es, wenn man nicht immer im absolut plüschigen "Wohlfühlbereich" spielt, in den sich viele Spieler automatisch begeben, wenn sie ihre Charaktere selbst basteln und ihre Gruppe auf "Unerschütterlichkeit" auslegen. - Ja, "reife" Spieler bauen Reibungspunkte ein und gruppeninterne Spannungen und sowas. - Oder auch nicht. Das ist ja eher eine Frage, ob das jeweilige Spiel schon massivst externe Spannungen und Reibung mit der Gruppe als Ganzes produzieren wird, oder ob es im Spiel eher um eine Charakternabelschau geht.

Mir hat es jedenfalls gezeigt, daß ich ab und an auch meinen Alten Säcken (tm) einfach mal was vorsetze, was auf Anhieb nicht zu ihnen zu passen scheint. Und dann sehe ich mal, was sie daraus machen. - Neue Rollenspiele ausprobieren, bekannte mit einem "Twist" versehen spielen, "verkehrte" Gruppenkonstellationen einführen, usw. - Alles Dinge, die das Spiel selbst INTERESSANT halten.

Und diese Dinge sorgen dafür, daß die Spielenden auch weiterhin interessiert bleiben. - Und wer interessiert ist, der strahlt INTERESSE aus, und das macht einen INTERESSANT.
Gespeichert
Settembrini
Titan der Wahrheit
Administrator
Hero Member
*****
Beiträge: 10917


AK20 des guten Geschmacks


« Antworten #13 am: Januar 09, 2010, 19:43:46 »
ZitierenZitat

Wen interessieren "interessante" Charaktere?
Die meisten, die behaupten solche zu liefern, malen von Grey´s Anatomy ab. Das ist das Gegenteil von interessant, sondern einfach nur abgeschmackt.

Ein Charakter wird durch das Erlebte interessant, nicht das Vorherentschiedene. Und ob ein Spieler das auspielt oder nicht, ich habe viel Freude daran, mir vorzustellen und asuzumalen, wie das wohl für den jeweiligen Menschen / Humanoiden so wäre.

So wie ein Ex-Gefolgsmann. Erst ein paarmal gestorben, dann als Halbelf und danach Halbling Wiedergeboren. Haben wir nie ausgespielt, aber als der führende Spieler meinte: "Der NSC geht jetzt in ein Kloster.", war allen alles klar, und es war gut.
Gespeichert

"Recht sehr zu wünschen, daß es in jedem Staate geben Männer möchte, welche bürgerliche Hoheit nicht blendet und bürgerliche Geringfügigkeit nicht ekelt; in deren Gesellschaft der Hohe sich gern herabläßt und der Geringe sich dreist erhebet."
Dirk Remmecke
Hero Member
*****
Beiträge: 1097



WWW
« Antworten #14 am: Januar 09, 2010, 22:26:42 »
ZitierenZitat

Ehrlich gesagt, ist das was Zornhau unter POWERGAMING versteht für mich gleichbedeutend mit ernsthafter Auseinandersetzung mit dem Hobby. Oder auch: Rollenspiel wirklich als ernsthaftes Hobby betreiben, nicht nur ein weiteres Unterhaltungsprojekt von vielen. (...)
Es gibt überall die ernsthaften Hobbyisten, die mit Herz und Seele dabei sind, und dann gibt es noch die anderen. Und ich muss ganz ehrlich sagen, ich merke an mir selbst auch mehr und mehr, dass mich diese "anderen" jedes mal ein wenig mehr aufregen.

Das ist der Unterschied zwischen Schach als Turniersport und als nachmittäglicher Zeitvertreib im Park. Beides hat seine Berechtigung.
Aber es ist auch so, dass die eine Gruppe nicht unbedingt Verständnis für die andere aufbringt - oder miteinander spielen möchte.

Gespeichert

MONDBUCHSTABEN | 2.0
ASTRÓPÍA - Hier gelten andere Regeln!
Seiten: [1] 2 3
AntwortenDrucken
Gehe zu: